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Michael Roth, Staatsminister für Europa im Auswärtigen Amt:

Die COVID‑19-Pandemie hat unser tägliches Leben in vielerlei Hinsicht beeinträchtigt. Reisebeschränkungen haben es für einige unserer Bürgerinnen und Bürger schwierig gemacht, zur Arbeit, zur Universität oder zu ihren Angehörigen zu gelangen. Es ist unsere gemeinsame Pflicht, für die Koordinierung aller Maßnahmen zu sorgen, die sich auf die Freizügigkeit auswirken, und unseren Bürgerinnen und Bürgern alle Informationen zur Verfügung zu stellen, die sie für Entscheidungen über ihre Reisen benötigen.

Alle Maßnahmen, die die Freizügigkeit zum Schutz der öffentlichen Gesundheit einschränken, müssen verhältnismäßig und nichtdiskriminierend sein und müssen aufgehoben werden, sobald es die epidemiologische Lage zulässt.

Gemeinsame Kriterien und Kartierung

Die Mitgliedstaaten sollten dem Europäischen Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) wöchentlich die verfügbaren Daten zu den folgenden Kriterien zur Verfügung stellen:

  • Zahl der neu gemeldeten Fälle pro 100 000 Einwohner in den letzten 14 Tagen
  • Zahl der Tests, die pro 100 000 Einwohner in der letzten Woche durchgeführt wurden (Testquote)
  • prozentualer Anteil der positiven Tests an den in der letzten Woche durchgeführten Tests (Testpositivätsrate)

Auf der Grundlage dieser Daten sollte das ECDC wöchentlich eine nach Regionen aufgeschlüsselte Karte der EU-Mitgliedstaaten veröffentlichen, um die Mitgliedstaaten bei ihrer Entscheidungsfindung zu unterstützen. Die Gebiete sollten in den folgenden Farben gekennzeichnet werden:

  • grün, wenn die 14-Tage-Melderate unter 25 und die Testpositivitätsrate unter 4 % liegt
  • orange, wenn die 14-Tage-Melderate unter 50 liegt, die Testpositivitätsrate jedoch 4 % oder mehr beträgt, oder wenn die 14-Tage-Melderate zwischen 25 und 150 und die Testpositivitätsrate unter 4 % liegt
  • rot, wenn die 14-Tage-Melderate bei 50 oder mehr liegt und die Testpositivätsrate 4 % oder mehr beträgt oder wenn die 14-Tage-Melderate bei mehr als 150 liegt
  • grau, wenn nicht genügend Informationen vorliegen oder wenn die Testquote unter 300 liegt

Beschränkungen der Freizügigkeit

Die Mitgliedstaaten sollten die Freizügigkeit von Personen, die in „grüne“ Gebiete oder aus „grünen“ Gebieten reisen, nicht beschränken.

Bei der Prüfung, ob sie Beschränkungen verhängen, sollten sie die Unterschiede in der epidemiologischen Lage zwischen „orangen“ und „roten“ Gebieten beachten und verhältnismäßig vorgehen. Sie sollten auch die epidemiologische Lage in ihrem eigenen Hoheitsgebiet berücksichtigen.

Die Mitgliedstaaten sollten Reisenden aus anderen Mitgliedstaaten die Einreise grundsätzlich nicht verweigern. Mitgliedstaaten, die es für notwendig erachten, Beschränkungen einzuführen, könnten von Reisenden aus nicht „grünen“ Gebieten verlangen,

  • sich in Quarantäne zu begeben oder
  • sich nach der Ankunft einem Test zu unterziehen.

Die Mitgliedstaaten können die Möglichkeit einräumen, diesen Test durch einen vor der Ankunft durchgeführten Test zu ersetzen.

Ferner könnten die Mitgliedstaaten bei Einreisen in ihr Hoheitsgebiet die Vorlage ausgefüllter Reiseformulare verlangen. Ein einheitliches europäisches Reiseformular sollte zur möglichen gemeinsamen Verwendung erarbeitet werden.

Koordinierung und Information der Öffentlichkeit

Mitgliedstaaten, die Beschränkungen verhängen wollen, sollten vor dem Inkrafttreten zunächst den betreffenden Mitgliedstaat sowie andere Mitgliedstaaten und die Kommission informieren. Nach Möglichkeit sollten die Informationen 48 Stunden im Voraus erteilt werden.

Darüber hinaus sollten die Mitgliedstaaten die Öffentlichkeit klar, umfassend und rechtzeitig über etwaige Beschränkungen und Anforderungen informieren. In der Regel sollten diese Informationen 24 Stunden vor Inkrafttreten der Maßnahmen veröffentlicht werden.

Hintergrundinformationen

Die Entscheidung über die Einführung von Beschränkungen der Freizügigkeit zum Schutz der öffentlichen Gesundheit liegt nach wie vor in der Zuständigkeit der Mitgliedstaaten; eine Koordinierung ist dabei jedoch unerlässlich. Seit März 2020 hat die Kommission eine Reihe von Leitlinien und Mitteilungen angenommen, um die Koordinierungsbemühungen der Mitgliedstaaten zu unterstützen und die Freizügigkeit innerhalb der EU zu garantieren. Das Thema wurde auch im Rat erörtert.

Am 4. September legte die Kommission einen Entwurf einer Empfehlung des Rates für eine koordinierte Vorgehensweise bei der Beschränkung der Freizügigkeit vor.

Die Empfehlung des Rates ist kein rechtsverbindliches Instrument. Die Behörden der Mitgliedstaaten bleiben für die Umsetzung des Inhalts der Empfehlung verantwortlich.