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Angesichts der Corona-Pandemie gelten auch an den Weihnachtstagen fast überall in Europa strikte Regeln und nicht überall werden Familien miteinander feiern können. Trotz der diesjährigen Einschränkungen: Weihnachten ist in allen drei Ländern ein besonderes Fest.

Weihnachten ist Familienzeit in Europa

In Portugal findet die Bescherung – nicht wie in Deutschland am 24. Dezember – erst am Morgen des 25. statt. Traditionell wird Stockfisch (bacalhau) mit Kohl und Kartoffeln gegessen. In Slowenien beginnt die Weihnachtszeit für viele bereits am 13. November mit einem Festessen. Und in Deutschland wird traditionell zu Weihnachten eine gefüllte Gans oder Ente serviert. Unterschiede in den Weihnachtsbräuchen, die die Vielfalt in der Europäischen Union widerspiegeln.

Susan Pinto aus Portugal, Jasmina Dvoršek aus Slowenien, sowie Antje und Julia Krumme aus Deutschland berichten, wie sie Weihnachten verbringen. Welche nationalen Traditionen zelebrieren sie? Wie feiern sie Weihnachten unter Corona-Bedingungen? Für alle wird in diesem Jahr vieles anderes sein. Gemeinsam ist allen eines: Weihnachten ist das Fest der Familie.

Unterschiedliche Mitgliedstaaten – als Trio verbunden

Die drei Länder haben nicht nur andere Weihnachtsbräuche: Zum Beispiel sind sie geographisch ganz unterschiedlich verortet: Portugal liegt am Atlantik, Slowenien kann mit einem Stück Mittelmeerküste aufwarten und Deutschland mit der Nord- und Ostseeküste. Deutschland hat mit 81 Millionen deutlich mehr Einwohnerinnen und Einwohner als Portugal mit elf und Slowenien mit zwei Millionen.

Auch ihr Beitritt zur EU fand zu ganz verschiedenen Zeiten statt: Während Deutschland zu den Gründungsmitgliedern gehörte, trat Portugal 1986 den damaligen Europäischen Gemeinschaften bei. Slowenien, damals noch auf der anderen Seite des Eisernen Vorhangs gelegen, wurde dann 2004 im Rahmen der großen EU-Osterweiterung neues Mitglied.

Wie wird in den drei Ländern Weihnachten gefeiert?

Kabeljau mit Sahne, ein gefüllter Truthahn und eine Krippe aus Kuchen. Das alles gehört zu den weihnachtlichen Traditionen der Familie Pinto aus Portugal. Die Journalistin Susan Pinto erzählt wie sie traditionell dieses Fest mit ihrer großen Familie feiert und was in diesem Jahr anders ist.

Susan Pinto mit ihrer großen Familie im letzten Jahr vor der Corona-Pandemie. In diesem Jahr wird die Familie nicht in diesem großen Kreis feiern können © Susan Pinto
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Frau Pinto, wie feiern Sie Weihnachten in Portugal?

Susan Pinto: Ich feiere Weihnachten mit meiner Familie. Wir sind 21: meine Eltern, meine drei Brüder und Schwestern und ich, drei Schwager und zwölf Enkelkinder. Der Abend des 24. Dezember und das Mittagessen am 25. Dezember finden immer im Haus meiner Eltern statt.

Unsere Familie hat viele Traditionen. Am Abend des 24. Dezember müssen die Männer Anzug und Krawatte tragen. Die Damen kleiden sich festlich. Die Enkelkinder versuchen, die Kleidung zu tragen, die sie am Heiligabend des Vorjahres erhalten haben - wenn es passt natürlich! Meine Eltern schenken nie Spielzeug, immer Kleidung. Als die Kinder kleiner waren, kleideten sich alle genau gleich.
An Abend singen wir immer viel. Meine Neffen spielen Gitarre, und fast alle Enkelkinder singen gut. Sie machen Choreographien zur großen Zufriedenheit und zum Stolz meiner Eltern. Sie sind besonders stolz auf diese große Familie, die sie aufgebaut haben. Beim Mittagessen am 25. tragen wir alle unsere neuen Kleidern und die Großeltern machen ein Familienporträt mit ihren Enkelkindern.

Das Abendessen besteht aus gekochtem Kabeljau mit Kohl, Eiern, Karotten und Rüben. Für die Enkelkinder, die gekochten Kabeljau nicht mögen, kochen meine Eltern Kabeljau mit Sahne. Das Mittagessen am 25. besteht aus gefülltem Truthahn und Zicklein. Es gibt Pellkartoffeln und einen fabelhaften Reis, den mein Vater zubereitet.

Die Desserts sind wunderbar. Jeder Sohn macht das Dessert, das er besser als alle anderen kann. Mein Lieblingsdessert ist Kondensmilchkuchen. Meine Mutter backt immer mit einigen Enkelinnen Kekse und dekoriert sie wie echte Kunstwerke.

Susan Pintos Mutter backt jedes Jahr zu Weihnachten eine Krippe aus Kuchen © Susan Pinto
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Es gibt einen Weihnachtsbaum mit genau diesen Keksen und meine Mutter macht auch immer eine Krippe aus Kuchen. Eine unglaublicher als die andere. Und natürlich die „rabanadas“. Dafür wird Baguette in eine Mischung aus Ei und Milch getunkt und nach dem Frittieren mit Zimt und Zucker bestreut.

Was bedeutet Weihnachten für Sie ganz persönlich?

Pinto: Für mich ist Weihnachten eine Erweiterung dessen, was wir das ganze Jahr über tuen. Bis das Virus kam, aßen wir jeden Sonntag im Haus meiner Eltern zu Abend. Sehr lebhafte Nächte. Die Spiele sind immer sehr kompetitiv! Von STOP über das Pantomimenspiel bis hin zu musikalischen Darbietungen der jüngeren Enkelinnen. Für mich ist Weihnachten also Familie.

Hat sich Weihnachten durch die Corona-Pandemie in diesem Jahr für Sie persönlich geändert?

Susan Pinto: Ja, es wird ganz anders sein. Das ist sie bereits. Inzwischen wäre meine Mutter wie immer eigentlich damit beschäftigt, mit ihren Enkelinnen Kekse zu backen. Das passiert gerade nicht. Dieses Jahr und zum ersten Mal wird Weihnachten nicht bei meinen Eltern stattfinden. Wir finden eine Alternativlösung, damit wir meine Eltern schützen können.

Wie ist die Situation gerade in Portugal?

Pinto: Im Moment durchläuft Portugal die zweite Welle der Pandemie. Inzwischen liegt die Zahl der Infizierten bei etwa 5.000 Fällen pro Tag. Die Tendenz ist, sich zu verschlechtern. Die Intensivstationen stoßen an ihre Grenzen. Die Angehörigen der Gesundheitsberufe sind erschöpft. Die Gesellschaft ist anders. Wir erleben leider seltsame Tage gerade.

Der portugiesische „Königskuchen“ ist keine Kleinigkeit © Mauritius images
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Zu Weihnachten, backen wie die Portugiesen: Bolo Rei

Mit seinem Belag aus bunten, gezuckerten Früchten soll dieser Hefekranz an die Kronen der Heiligen drei Könige erinnern. Dazu passt ein Glas Portwein – stilecht aus dem portugiesischen Douro-Tal. Ein Rezept dazu finden Sie hier.

In Slowenien: 'Am Heiligen Abend besuche ich meine Mutter und wir backen Potitze'

Für die Slowenin Jasmina Dvoršek ist Weihnachtszeit Familienzeit. Normalerweise kommt sie mit ihrer engen Verwandtschaft, die über ganz Slowenien verteilt lebt, zu einem Weihnachtstreffen zusammen. Aufgrund der Corona-Pandemie kann die Eventmanagerin in diesem Jahr das Weihnachtsfest nicht planen – trotzdem bleibt sie optimistisch.

Zu Weihnachten darf auch ein gemeinsamer Spaziergang an der frischen Luft für Jasmina Dvoršek und ihre Familie nicht fehlen. (Von links nach rechts: Jasminas Mutter Marija, Jasminas Bruder Jure, Jasminas Schwägerin Marjeta and Jasminas Nichte Nika) © Privat
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Frau Dvoršek, wie feiern Sie Weihnachten?

Jasmina Dvoršek: Weihnachten ist in Slowenien traditionell ein Familienfest. Es ist eine Zeit, in der man sich vom Alltagsstress erholt, zusammenkommt und ein paar Tage im Kreis der Familie verbringt. Meine Familie ist klein, aber über das ganze Land verstreut. Deshalb bereite ich in den Tagen vor Weihnachten normalerweise ein Familienessen vor. Dabei experimentiere ich mit der nationalen Küche des Landes, das ich zuletzt besucht habe. Das kann bei meiner Familie gut ankommen oder auch nicht, aber das Wichtigste ist: Wir sind zusammen, tauschen kleine Weihnachtsgeschenke aus und verbringen einen schönen Abend. Und es ist eine Gelegenheit, mal wieder unsere speziellen Weihnachtspullis zu tragen!

Am Heiligabend besuche ich meine Mutter und wir backen unseren traditionellen, slowenischen Festtagskuchen namens Potizte. Auch nehmen wir uns fest vor, die Mitternachtsmesse zu besuchen, schlafen aber meistens schon früh am Abend ein – vor allem, weil wir den Morgen des Weihnachtstages meist irgendwo draußen mit einem Spaziergang oder mit der Vorbereitung des Weihnachtsessens verbringen. Dies ist eine weitere Gelegenheit, die Familie zu bewirten.

Was bedeutet Weihnachten für Sie persönlich?

Dvoršek: Obwohl Slowenien ein kleines Land ist, sind meine Familie und ich durch unsere täglichen Aktivitäten die meiste Zeit des Jahres voneinander getrennt. Daher ist Weihnachten eine aufregende Zeit des Jahres, in der die ganze Familie zusammenkommt. Für mich ist Weihnachten die Zeit, des engen Kontakts mit meiner Familie.

Jasmina Dvoršek backt mit ihrer Mutter jedes Jahr den traditionellen Weihnachtskuchen Potizte © Privat
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Hat sich Weihnachten für Sie persönlich in diesem Jahr durch die Corona-Pandemie verändert?

Dvoršek: Im Moment erleben wir in Slowenien einen der strengsten Lockdowns in ganz Europa. Daher können wir unser Familientreffen zur Weihnachtszeit nicht planen. Das ist besonders für mich als Single schwierig. Darum hoffe ich, dass wir eine solche Erfahrung nie wieder machen müssen.

Wie erleben Sie derzeit die Situation in Slowenien?

Dvoršek: Meine Arbeit bestand bisher aus ständigem Reisen. Nicht reisen zu können ist für mich daher eine Veränderung, an die ich mich nicht gewöhnen kann. Ich freue mich also wirklich auf die Zeiten, in der wir wieder reisen können. Andererseits habe ich in diesem Jahr Teile meines Landes entdeckt, von denen ich bisher nicht wusste, dass sie existieren. Ich versuche also positiv zu bleiben (und COVID negativ) und weiter auf Entdeckungstour zu gehen: im Moment alle geheimen Orte meiner Stadt Ljubljana.

Potitze ist ein Nationalgericht - hier eine Version mit Mohn © Picture-alliance/AP Photo/Bandic
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Zu Weihnachten, backen die Slowenen: Potitze

Diesem Weihnachtsgebäck wurden schon Briefmarken gewidmet. Als Klassiker der kaiserlich-habsburgischen Küche ist die Mehlspeise auch in jedem guten österreichischen Backbuch zu finden. Ein Rezept dazu finden Sie hier.

Weihnachten ist für Antje und Julia Krumme mit ihrer kleinen Tochter Franzi aus Augsburg traditionell besonders ein Fest der Familie und der Freunde: Plätzchen backen und winterliche Spaziergänge. In diesem Jahr wird Weihnachten für die junge Familie anders sein. Beide hoffen aber, dass der Solidaritätsgedanke doch noch so lange trägt, bis das Gröbste überstanden ist.

Julia mit ihrer Tochter Franzi und ihrem ersten Adventkalender © Privat
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Wie feiern Sie Weihnachten?

Antje Krumme: Dieses Jahr feiern wir Weihnachten zum ersten Mal mit unserer kleinen Tochter Franziska. Vormittags schmücken wir gemeinsam unseren Weihnachtsbaum und nachmittags möchten wir gerne zu einem Gottesdienst unter freiem Himmel gehen, falls er stattfinden kann. Danach bekommen wir Besuch von Großeltern und kochen und genießen gemeinsam ein festliches Menü. Traditionell kommt in unserer Familie das Christkind nach dem Abendessen (es kündigt sich mit leisen Glockenklang an). Dann ist Bescherung unter den Weihnachtsbaum mit Kerzen und entspannter Musik.

Was bedeutet Weihnachten für Sie?

Julia Krumme: Weihnachten ist für uns vor allem ein Familienfest. In der Adventszeit und an den Feiertagen treffen wir uns aber auch gerne mit Freunden, um gemeinsam Plätzchen zu backen, bei Spaziergängen die winterliche Natur zu genießen oder auch einfach, um zusammen eine gemütliche Zeit zu verbringen.

Hat sich Weihnachten durch die Corona-Pandemie in diesem Jahr für Sie persönlich geändert?

Julia Krumme: In den letzten 20 Jahren sind wir am 2. Weihnachtsfeiertag jedes Jahr bei meinen Eltern mit vielen Freunden und Nachbarn zusammen gekommen, um Weihnachten gemeinsam ausklingen zu lassen. So ein großes Fest wird in diesem Jahr nicht möglich sein. Wir werden uns nun einfach im engen Familienkreis treffen.

Antje Krumme: In der Adventszeit waren wir oft unsicher, ob es eine gute Idee ist, Freunde zu treffen oder ob wir Kontakte vermeiden sollten. Ganz ohne haben wir es aber doch nicht ausgehalten und so haben wir uns zumindest mit unseren engsten Freunden zum Plätzchenbacken verabredet. Am dritten Advent mussten wir aber um 21.00 Uhr zu Hause sein, da in Augsburg aufgrund der hohen Infektionszahlen eine Ausgangssperre gilt.

Franzi Krumme sortiert den Adventsschmuck © Privat
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Irgendwie hat Corona aber auch dazu beigetragen, die Vorweihnachtszeit ein wenig zu entschleunigen. Denn normalerweise sind die letzten Wochen vor Weihnachten vollgepackt mit Weihnachtsfeiern, Christkindlesmarkt- Verabredungen und hektischen Besorgungen. Das alles war in diesem Jahr stark reduziert und so blieb mehr Zeit für uns als Familie.

Wie erleben Sie die Situation derzeit in Deutschland?

Julia Krumme: Ich habe das Gefühl die Regierung versucht nach bestem Wissen und Gewissen und im Rahmen der Möglichkeiten die Bevölkerung zu schützen. Dennoch erlebe ich die Situation im Moment als angespannt, denn die Gruppe derer, die unter den Maßnahmen leiden, wird stetig größer und natürlich werden Menschen, deren Existenz gefährdet ist, auch unzufrieden.

Antje Krumme: Ich hoffe einfach, dass der Solidaritätsgedanke doch noch so lange trägt, bis das Gröbste überstanden ist und dass wir gemeinsam noch die nächsten Monate meistern, bis die Situation wieder entspannter wird.

Auch mit weniger als 12 Stück ein europäisches Gebäck: Zimtsterne © Mauritius images
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Zu Weihnachten backen die Deutschen Zimtsterne

Sie sind wortwörtlich die Stars der deutschen Weihnachtsküche, ihre Zutaten Luxus pur: Zimt, Mandeln und Vanille sind für Zimtsterne gerade gut genug, selbst Mehl ist verpönt. Dabei gelten ihre Erfinder gemeinhin nicht als verschwenderisch: Zimtsterne kommen aus Schwaben! Ein Rezept dazu finden Sie hier.

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