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© European Youth Parliament
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Bürgerdialog mit jungen Europäerinnen und Europäern

Der Auftakt zu dieser informellen Tagung ist ungewöhnlich: 27 junge Menschen zwischen 18 und 26 Jahren sitzen am Dienstagvormittag den 27 Europaministerinnen und -ministern gegenüber, die gespannt sind, welche Europapolitik sich die junge Generation von ihnen wünscht. Denn darum geht es in diesem Auftakt: einen direkten Austausch zwischen Bürgerinnen, Bürgern und Politik, einen Austausch auch der Generationen. Damit sendet Michael Roth, Staatsminister für Europa im Auswärtigen Amt (AA), ein klares Signal an die Öffentlichkeit: Die Politik hört zu, Bürgerdialog ist uns wichtig. Fünf Visionen für die Zukunft Europas stellen die jungen Menschen heute vor: Ideen für ehrgeizige Klimamaßnahmen, Energie- und Migrationspolitik, Digitalisierung, mehr demokratische Partizipation und mehr Kooperation in der Bekämpfung globaler Pandemien. Eine ihrer wichtigsten Botschaften: Lasst die Klimapolitik auch angesichts drängender aktueller Themen nicht in den Hintergrund treten.

„Es ist ein großes Ereignis für unsere Teilnehmenden, aktiver Teil einer Arbeitssitzung der echten Politik zu sein“, sagt Helena Nepp vom europapolitischen Jugendnetzwerk European Youth Parliament, einem Projekt der Berliner Schwarzkopf-Stiftung, das die Teilnahme der jungen Menschen organisiert hat. Ausgewählt aus hunderten Bewerbern haben die 27 Jugendlichen aus 24 Ländern Themen gesammelt, diskutiert, an den Statements gefeilt. Erst tragen sie vor, dann nehmen die Ministerinnen und Minister Stellung. Nepp: „Es ist großartig, dort direkt Input geben zu können, wo Politik gemacht wird und unmittelbar Reaktionen zu bekommen.“

Die Themen heute: Zukunft Europas und COVID-19

Mit dem Austausch mit den „Young European Ambassadors“ der Schwarzkopf-Stiftung will Europa-Staatsminister Michael Roth die Themen Zukunft Europas und Bürgerbeteiligung in den Mittelpunkt rücken. Der Dialog soll auch ein Vorgeschmack auf die „Konferenz zur Zukunft Europas“ sein, zu dessen Stand sich die Europaministerinnen und -minister bei der Tagung besprechen werden. In einer solchen Zukunftskonferenz wollen sich in den kommenden anderthalb Jahren Mitgliedsstaaten und EU-Institutionen mit Bürgerinnen und Bürgern darüber austauschen, wie sich die EU weiterentwickeln soll.

Und was könnte einen solchen Dialogprozess mehr inspirieren als Kultur? Mit seinem umfangreichen Kulturprogramm belebt das Auswärtige Amt deshalb seit Beginn der deutschen EU-Ratspräsidentschaft die Debatten in der europäischen Öffentlichkeit. Bei der Videokonferenz gibt es davon einige Kostproben für die Europaministerinnen und -minister: Sie werden sich Video-Botschaften von jungen Menschen anschauen, die im Rahmen des zentralen Kunstwerks „Earth Speakr“ des isländisch-dänischen Künstlers Olafur Eliasson entstanden sind; sie erfahren mehr über das Projekt Faces of Europe des deutschen Fotokünstlers Carsten Sander, der seit Juli durch Europa reist, um 1000 europäische Gesichter zu portraitieren; sie werden Kurzfilme aus dem Wettbewerb Europa im Film sehen, in denen junge Regisseure und Regisseurinnen ihre Sicht auf Europa entwickeln.

Weiterer Punkt auf der Tagesordnung: Der gemeinsame Kampf gegen Covid-19. Daher nehmen auch Vertreter der Westbalkan-Staaten an der Videokonferenz teil, für die EU ist eine enge Abstimmung mit ihren Partnern aus dieser Region besonders wichtig.

Wiesbaden, Markt auf dem Dern´schen Gelände © Wiesbaden Kongress und Marketing Gmbh/Martin Kunz
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Eine Stadt im Herzen Deutschlands und Europas

Heute schalten sich die Europaministerinnen und -minister virtuell zusammen, aufgrund der Corona-Pandemie ist ein physisches Treffen nicht möglich. Und doch bleibt die Konferenz dem ursprünglichen Veranstaltungsort Wiesbaden und seiner Region verbunden, der Heimatregion von Staatsminister Michael Roth, die er den Europaministerinnen und -ministern präsentieren wollte.

Wiesbaden ist die Landeshauptstadt Hessens, ein Bundesland im Herzen Deutschlands und Europas. In der Region liegt der Geburtsort der deutschen Demokratie. Nicht weit von Wiesbaden entfernt versammelten sich 1848 die Mitglieder des ersten gesamtdeutschen Parlaments in der Frankfurter Paulskirche, um über eine freiheitliche Verfassung zu beraten. Wiesbaden selbst ist umgeben von der Burgenlandschaft des Rheingau-Taunus und liegt inmitten der europäisch vernetzten, modernen Industrie- und Städteregion Rhein-Main. Die Stadt ist einer der ältesten Kurbäder Europas, heute noch zieht sie als Gesundheitsstandort und durch ihre reiche Kultur Gäste aus aller Welt an. „Zudem ist Wiesbaden ein Zentrum für nachhaltige Projekte in Deutschland“, sagt Leon Kohl vom Organisationsstab für die deutsche EU-Ratspräsidentschaft im Auswärtigen Amt. „Da Nachhaltigkeit zu den zentralen Themen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft gehört, passte die Stadt hervorragend als Veranstaltungsort.“ In Wiesbaden steht eines der nachhaltigsten Kongresszentren der Welt: Das Rhein-Main Congress-Center (RMCC). Hier hätte die informelle Tagung stattfinden sollen.

© RMCC Peter Krausgrill
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Eines der nachhaltigsten Kongresszentren der Welt

„Das RMCC ist rundherum nachhaltig“, sagt Carola Hildebrandt, Sales-Managerin des Rhein-Main Congress-Centers, und zählt auf: Vor allem Naturstoffe wie Naturstein und Holz wurden verbaut, alle Materialien vorab streng auf Nachhaltigkeit geprüft, vom Abbau über die Lieferung bis zur Wiederverwertbarkeit, wenn Gebäudeteile in vielen Jahren rückgebaut oder saniert werden müssen. Geheizt wird mit Wärmepumpen aus dem Abwasser des Kanals, einer Photovoltaikanlage auf dem Dach und Energie aus einem Biomasseheizwerk. Von der Deutschen Gesellschaft für nachhaltiges Bauen gab es das Gütesiegel in Platin und Diamant für Bau und Gestaltung nach außergewöhnlichen hohen Nachhaltigkeitskriterien.

Seit drei Jahren ist das Gebäude fertig, hoch strecken sich die lichten Hallen des RMCC in den Wiesbadener Himmel. Klare Linien, viel Glas, ein moderner Säulenumlauf und Spiegelungen in flachen Wasserflächen vor dem Gebäude lassen den Bau leicht und luftig erscheinen. Zu zwei Seiten des Terrassensaales öffnet sich der Blick über die Grünanlagen bis zum historischen Bahnhof. „Transparent zur Welt und vernetzt mit Europa – die Architektur spiegelt perfekt die Haltung der informellen Tagung der Europaministerinnen und -minister“, sagt Leon Kohl vom Organisationsstab des AA. „Durch Corona mussten wir nun Ideen entwickeln, wie wir eine solche Atmosphäre und den regionalen Flair in ein online-Format holen können.“

Wie wird eine europaweite Videokonferenz konzipiert?

Die virtuelle informelle Tagung wird in Berlin organisiert, im Studio des Auswärtigen Amtes laufen alle Fäden zusammen. Ein technisches Team prüft vor dem Start: Sind alle Delegierten korrekt eingeloggt, stimmen Beleuchtung, Namensschilder, Ton, sind alle gleichzeitig zu sehen? „Die Liaison-Officer, die persönlichen Organisationsbegleiter der Delegierten, sind bis zum Start der Konferenz mit im virtuellen Raum, um technische Probleme schnell klären zu können“, erläutert Daniel Greve vom Organisationsstab des AA. „Zudem müssen wir den protokollarischen Ablauf im virtuellen Raum abbilden.“ Das heißt: Entsprechend den politischen Anforderungen organisieren, wer jenseits der großen Runde wen wann wo trifft, um sich auch virtuell bilateral auszutauschen. „Ebenso muss die Technik auf das Protokoll abgestimmt sein, damit Hauptredner und Vorsitz etwa nicht in kleinen Kacheln am Bildschirmrand verschwinden, sondern gut zu sehen sind.“ Während der Konferenz heißt es für das Team: die Dolmetscher in Brüssel live hinzuschalten, Rednerlisten checken, Wortmeldungen per Chat bündeln und alle Informationen kontinuierlich auf den drei großen Screens im Studio für Europa-Staatsminister Roth aktualisieren, damit er die Sitzung gut leiten kann.

Für eine persönliche Atmosphäre und den regionalen Charakter gibt es zwischendurch einen Informationsfilm über Wiesbaden und ein Grußwort des Wiesbadener Oberbürgermeisters Gert-Uwe Mende. Und da ist noch etwas Besonderes aus der Stadt: die Europapraline.

© Chocolateria Kunder/Montage AA
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Regionaler Flair im virtuellen Raum: Die Europapraline

Sie ist europablau, kugelrund und gefüllt mit feiner Vanille-Ganache und Himbeercrème. „Vielfältige Geschmäcker, vereint in Harmonie – so wie die Länder der EU“, sagt Klaus Keller, Marketingleiter bei der Wiesbadener Pralinenmanufaktur Kunder. Zwei Tage lang dauert die Herstellung der Praline in der Backstube, regionale Handwerkskunst auf höchstem Niveau. Keller lacht: „Und natürlich kommen als Topping goldene Sterne auf unsere Europapralinen“. Die Chocolateria Kunder ist eine Institution in Wiesbaden, bekannt für ihre Ananastörtchen, Tafelschokoladen, schokolierten Früchte.

Gegründet 1898 wird der Familienbetrieb jetzt in vierter Generation geführt, er steht für den starken Mittelstand der Region, für Tradition und Innovation. Neben der Chocolateria gibt es neuerdings einen Concept Store für die kleine Köstlichkeit to go. „Die Menschen essen heute schneller und gönnen sich gern einen süßen Snack im Vorbeigehen“, so Keller. „Wir erfinden ständig Neues.“ Als das Auswärtige Amt auf den Traditionsbetrieb mit der Idee einer Europapraline zukam, war die Confiserie deshalb gleich dabei. Jetzt liegen die blauen Sterne-Kugeln neben EU-Masken und Konferenzblöcken in den Begrüßungspäckchen für die Delegierten zum informellen Rat: als kleiner europäischer Gruß aus Wiesbaden.

© Sven Moschitz/Montage AA
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Europäisches Kulturgut: Das Kloster Eberbach

Erinnern Sie sich an den „Namen der Rose“? Hier, in den Innenräumen des Klosters Eberbach wurde der große Roman des italienischen Autors Umberto Eco mit Sean Connery verfilmt. Für den informellen Rat war in den Räumen ein Arbeitsabendessen geplant. „Es wäre uns eine Freude gewesen, die Europaministerinnen und -minister zu begrüßen“, sagt Martin Blach, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Kloster Eberbach. „Denn von Eberbach geht seit dem 12. Jahrhundert ein europäischer Pulsschlag aus.“ Gegründet 1136 von Zisterzienser-Mönchen aus Burgund, entwickelte sich das Kloster Eberbach zu einem der bedeutendsten Klöster in Europa. Heute ist es säkularisiert und gehört der gemeinnützigen Stiftung Kloster Eberbach.

Berühmt ist das Kloster Eberbach für seine Weine. Seit der Gründung betreibt das Kloster Weinbau, die Mönche exportierten ihre Spitzenweine nach ganz Europa. Heute ist es das größte Weingut Deutschlands mit vielen herausragenden Weinbergslagen. Etwa zwei Millionen Flaschen pro Jahr werden hier auf 238 Hektar produziert, vor allem Riesling und Spätburgunder. Die Weine in seinen Schatzkammern sind bis zu 317 Jahren alt. Statt einer „Schlenderweinprobe“ für die Delegierten, einer Klosterführung mit Weinverkostung, gibt es jetzt eine dreijährige „Rebstockpatenschaft“. Dieter Greiner, Geschäftsführer des Weingutes: „Alle bekommen eine Urkunde für ihren Rebstock, der ein Messingschild mit dem Namen der Hauptstadt des jeweiligen Landes trägt, und jedes Jahr eine Kostprobe per Post.“ Die Rebstöcke stehen auf einer der besten Lagen des Klosters, dem Steinberg. Einen Namen für die Parzelle der Ministerinnen und Minister gibt es schon: EU-Weinberg.

© Wiesbaden Marketing
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Städtepartnerschaften seit neunzig Jahren

Die starke Weinkultur teilt Wiesbaden gern mit seinen europäischen Partnern. In den vergangenen neunzig Jahren hat die Stadt ein Netz von 18 Städtepartnerschaften geknüpft, vom österreichischen Klagenfurt über das spanische San Sebastián bis ins slowenische Laibach. Sie organisiert regelmäßigen Schulaustausch, Praktika in den Verwaltungen der Partnerstädte, Jugendreisen und gemeinsame Sport- und Kulturevents. Zu den Höhepunkten gehören die Begegnungen in der Rheingauer Weinwoche, die jedes Jahr im August in Wiesbaden gefeiert wird. Dann verwandelt sich die Innenstadt rund um Schlossplatz, Dern`sches Gelände und Marktkirche zu einer langen Promenade durch die regionale Weinkultur. Natürlich sind die Partnerstädte dabei: Jedes Jahr ist ein Winzer einer anderen Partnerstadt zu Gast und stellt seine Weine und seine Region vor.