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Der Schock ist noch frisch und er sitzt tief. Bei der verheerenden Explosion in Beirut am 4. August 2020 hat es weit über 150 Todesopfer gegeben, im Moment rechnet man mit etwa 6000 Verletzten, rund 300.000 Menschen haben ihr Zuhause verloren. Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach dem Premierminister der Libanesischen Republik, Hassan Diab, in einem Kondolenztelegramm ihr „tief empfundenes Beileid“ aus: „Bitte übermitteln Sie den Angehörigen der Opfer mein Mitgefühl und meine Anteilnahme sowie den Überlebenden meine Genesungswünsche“, sagte Merkel.

Auch eine Angehörige der deutschen Botschaft ist ums Leben gekommen. Außenminister Maas sprach ihren Angehörigen auch im Namen der Bundesregierung sein tiefes Beileid aus: „Unsere schlimmste Befürchtung hat sich bestätigt. Wir sind in tiefer Trauer um die Kollegin.“

Schnelle Hilfe auf dem Weg

Bei einem Telefonat mit seinem libanesischen Amtskollegen stimmte sich Maas bezüglich Sofortmaßnahmen ab. Für Maas ist klar: „In der Not packen wir mit an. Die Menschen in Beirut sollen wissen: Wir lassen sie nicht im Stich.“

Deutschland stellt dem Libanon als ersten Schritt 1,5 Millionen Euro Soforthilfe für Erste-Hilfe-Stationen in Beirut und medizinische Güter zur Versorgung von Verletzten zur Verfügung. Ein Flug vom Deutschen Roten Kreuz mit Schutzausrüstung, Medikamenten und Verbandsmaterial ist schon in Beirut gelandet.

Das Technische Hilfswerk ist bereits in der libanesischen Hauptstadt angekommen, um mit 50 Einsatzkräften nach weiteren verschüttete Menschen zu suchen. Auch Ärzte und Fachleute für Gefahrengut von der Hilfsorganisation Isar Germany sind mit dabei.

Die Bundeswehr flog ein medizinisches Erkundungsteam nach Beirut. Der Airbus A310 #MedEvac ist in erhöhte „Stand-By“-Bereitschaft versetzt worden. Auch die Korvette „Ludwigshafen am Rhein“, normalerweise für die Mission UNIFIL im Einsatz, nahm Kurs auf Beirut, um vor Ort zu unterstützen.

Die Europäische Kommission hat dem Libanon Nothilfe im Wert von mehr als 33 Millionen Euro zugesagt, die durch die Mitgliedsstaaten finanziert wird. Sie soll unter anderem für die Bereitstellung medizinischer Ausrüstung sorgen. Außerdem hat die EU den so genannten Zivilschutzmechanismus aktiviert und zahlreiche Rettungsteams organisiert.

In einer gemeinsamen Erklärung an die Mitglieder des Europäischen Rats am 6. August brachten EU-Ratspräsident Charles Michel und EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen ihr Mitgefühl für die Opfer, die Überlebenden und ihre Familien, darunter europäische Staatsangehörige, zum Ausdruck.

Die beiden EU-Präsidenten zeigten sich dankbar für die schnelle Hilfe der Mitgliedstaaten und baten diese zugleich, ihre Unterstützung für den Libanon noch zu verstärken. „Angesichts des immensen Bedarfs an humanitärer Hilfe und Wiederaufbauhilfe, der jetzt entstanden ist, wird unsere Solidarität – und die der gesamten internationalen Gemeinschaft – mehr denn je benötigt. Wir haben alle ein Interesse daran, jetzt zu handeln, um die Folgen dieser Tragödie zu begrenzen“, so Michel und von der Leyen.

Solidarität der EU

Am Samstag, dem 8. August, reiste EU-Ratspräsident Charles Michel nach Beirut, um die Solidarität der Europäischen Union mit dem Libanon zu übermitteln. Er sei überaus gerührt angesichts des Muts der libanesischen Bevölkerung, die in einer ohnehin schwierigen Situation von dieser Tragödie getroffen wurde, sagte Michel und zollte den Rettungsteams seinen Respekt. Er forderte zudem eine unabhängige Kommission, um die Hintergründe der Katastrophe aufzuklären.

Zollt den Rettungskräften Respekt: Charles Michel am Hafen von Beirut © European Union
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Während seines Besuchs, bei dem ein Treffen mit dem libanesischen Präsidenten Michel Aoun, dem Sprecher des Parlaments Nahib Berri und dem Premierminister Hassan Diab stattfand, unterstrich Michel die Bedeutung struktureller Reformen – in Einklang mit den Reformplänen der Regierung, den internationalen Verpflichtungen Libanons und dem Willen der libanesischen Bevölkerung. „Die Menschen im Libanon können auf die Europäische Union zählen“, sagte Michel.

Erfolgreiche internationale Geberkonferenz

Am 9. August kamen Vertreter von mehr als 30 Ländern bei einer Geberkonferenz zusammen, um sich auf schnelle Hilfe für den Libanon zu einigen. Über 250 Millionen Euro wurden gesammelt, weitere 20 Millionen Euro kommen von der deutschen Bundesregierung sowie zusätzliche 30 Millionen Euro von der Europäischen Kommission für Soforthilfemaßnahmen.

Außenminister Heiko Maas sagte im Vorfeld der Geberkonferenz für Libanon:

Die Menschen in Beirut brauchen unsere Hilfe und sie brauchen Anlass zur Hoffnung. Über 150 Menschen sind gestorben, über 6.000 wurden verletzt und 300.000 haben ihr Zuhause verloren. Solche Zahlen machen fassungslos. Die heutige Konferenz der wichtigsten Partner und Unterstützer Libanons ist ein wichtiges Signal – in allererster Linie für diejenigen, die unmittelbar von dem Unglück betroffen sind. Wir haben bereits in den vergangenen Tagen große Solidarität und internationale Unterstützungsbereitschaft gesehen. Ich freue mich sehr, dass ich heute von Seiten der Bundesregierung weitere 10 Millionen Euro für Soforthilfemaßnahmen zusagen kann.

Aber auch nach Beseitigung des gröbsten Schutts gibt es viel zu tun. Libanon stand bereits vor der Katastrophe vor überwältigenden Herausforderungen. Ohne dringend benötigte Reformen kann es weder nachhaltigen Wandel noch Stabilität geben. Genau das ist es, was die libanesische Bevölkerung zu Recht fordert: Einzelinteressen und alte Konfliktlinien müssen überwunden und das Wohl der gesamten Bevölkerung vorangestellt werden.

Auch wenn derzeit Zerstörung und Trauer das Bild dominieren, kann die Katastrophe Anlass für einen Neubeginn sein. Nicht erst morgen, sondern heute. Nur wenn sich die Regierung ihrer Verantwortung stellt, transparent agiert und die Ursachen für die Explosion aufgeklärt werden, kann die Bevölkerung wieder Vertrauen fassen. Wir müssen als Freunde und Partner dazu beitragen, das Fundament für einen starken Staat zu legen, der seinen Bürgern demokratische Rechte, Freiheiten und Teilhabechancen bietet. Und für eine Gesellschaftsordnung, die den Wünschen und Forderungen der Menschen Rechnung trägt.