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Die WTO ist eine internationale Organisation, die sich seit ihrer Gründung mit der Regelung der weltweiten Handels- und Wirtschaftsbeziehungen beschäftigt. Sie wurde als Nachfolgeorganisation des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens (GATT) mit erweiterter Zielsetzung gegründet und fungiert seit 1995 mit Sitz in Genf als eigenständige internationale Organisation. Derzeit umfasst sie 164 Mitgliedstaaten, darunter die größten Wirtschaftsräume der Welt: Die Europäische Union, China, USA und Japan. Als jüngstes Mitglied ist 2016 Afghanistan beigetreten.

Aus Abkommen wird Organisation: Die Entstehung der WTO

Die grundlegenden Prinzipien der WTO beruhen auf Beschlüssen, die bereits im GATT im Jahr 1947 festgelegt wurden. Nach dem 2. Weltkrieg waren sich die sogenannten Westmächte darüber einig, dass der Protektionismus der Vergangenheit angehören sollte – war er doch eine der Ursachen für die ökonomischen Verwerfungen zu Beginn der 1930er Jahre, als viele Staaten vergeblich versuchten, durch Importverbote, Staatshilfen und höhere Zölle ihre Industriezweige im Inland zu stärken. Es folgten eine weltweite Rezession, Massenarbeitslosigkeit und politische Unruhen, die den Boden für den 2. Weltkrieg bereitete. Das GATT sollte eine Senkung der Zölle zwischen den Handelspartnern garantieren, zum Nutzen aller 23 Gründungsstaaten. Auch neue Staaten kamen sukzessive hinzu, unter anderem Deutschland, das 1951 Vollmitglied wurde.

Alois Jelonek (rechts), deutscher Botschafter bei der UNO in Genf, entfernt 1994 das GATT-Zeichen, um es durch das neue Logo der Welthandelsorganisation zu ersetzen © KEYSTONE
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Die WTO als Nachfolgeorganisation hatte zum Ziel, den Welthandel rechtssicher, diskriminierungsfrei und offen zu gestalten und Handelshemmnisse abzubauen. So darf ein WTO-Mitglied ein anderes WTO-Mitglied in Handelsangelegenheiten nicht gegenüber anderen Staaten oder inländischen Anbietern benachteiligen. Das Regelwerk der WTO für den Welthandel wurde sukzessive erweitert, etwa für neue Produkte.

Diese Entwicklung führte dazu, dass die WTO sich als Organisation für den internationalen Handel etablierte. Ihr übergeordneter Zweck dient auch heute der Sicherstellung von Transparenz in Handelsbeziehungen sowie der Senkung und Abschaffung von Zöllen und anderen Handelshemmnissen. Langfristiges Ziel ist ein freier internationaler Handel, der den Wohlstand der teilnehmenden Volkswirtschaften stärken, die wirtschaftliche Entwicklung aller WTO-Mitglieder sicherstellen und das Niveau des Realeinkommens und der globalen Nachfrage steigern soll. Diesen ambitionierten Zielen entsprechend wurden auch die Aufgaben der WTO erweitert: Subventionen in der Landwirtschaft, der Handel mit Dienstleistungen oder die Einhaltung von Mindeststandards für geistiges Eigentum gehören heute zu den Kompetenzbereichen der Organisation. Bei alledem spielen auch Themen wie Nachhaltigkeit oder Entwicklung eine zunehmend wichtige Rolle.

Strukturen einer multilateralen Handelsordnung

Die so geschaffene multilaterale Handelsordnung hat in den letzten Jahrzehnten vielen Volkswirtschaften zu raschem Wachstum und wirtschaftlicher Entwicklung verholfen. Auch heute ist die Welthandelsorganisation unverzichtbar, um einen offenen, fairen und regelbasierten Handel sicherzustellen.

Dennoch führen die veränderten globalen Rahmenbedingungen auch bei der WTO zu Reformbedarf. Unflexible Verfahren und kollidierende Interessen der einzelnen Mitglieder untereinander belasten die Organisation. Hinzu kommen protektionistische Tendenzen und marktverzerrendes Verhalten, etwa durch Subventionen, die das WTO-Regelwerk aktuell nicht hinreichend aufgreifen kann. Auch ist die Rolle der WTO als Überwachungsinstanz durch mangelnde Transparenz in einigen, vor allem nicht-marktwirtschaftlich organisierten Mitgliedstaaten bedroht. Eine Reformagenda für die Organisation ist deshalb ein wichtiges Anliegen der Europäischen Union und der EU-Mitgliedstaaten, etwa zur Schaffung von Regeln für den digitalen Handel und zur Wiederherstellung der vollen Funktionsfähigkeit der Streitschlichtung in der WTO.

Der Hauptsitz der Welthandelsorganisation in Genf © TASS
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Beschlüsse werden in der WTO im Konsens gefasst. Das Streitschlichtungsgremium als Plattform zur Lösung von Streitigkeiten zwischen den Mitgliedern gehört neben der Ministerkonferenz der Wirtschafts- und Handelsminister, die mindestens alle zwei Jahre tagt, dem Allgemeinen Rat und dem Generalsekretariat zu den wichtigsten Organen der WTO.

Herausforderungen für die multilaterale Ordnung und die Rolle der EU

Deutschland setzt sich während seiner EU-Ratspräsidentschaft und darüber hinaus dafür ein, Reformen in der WTO entschieden voranzutreiben. Die Vorschläge betreffen neue Regelungen, vor allem um Lücken im Regelwerk zur Schaffung vergleichbarer Wettbewerbsbedingungen zu schließen.

Eine europäische Führungsrolle zur Stärkung der offenen und regelbasierten internationalen Handelsordnung ist auch für die Bewältigung der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der COVID-19-Pandemie unverzichtbar. Die Krise hat die Verwundbarkeit globaler Lieferketten offengelegt, etwa bei medizinischen Schutzausrüstungen. Für Ausbau und Diversifizierung von rechtssicheren und verlässlichen Handels- und Lieferbeziehungen ist eine starke WTO eine wichtige Grundlage.

Neben der Stärkung der WTO als Ordnungsrahmen für einen offenen und regelbasierten Welthandel wird es künftig darauf ankommen, das WTO-Regelwerk zu modernisieren und neue Regeln gegen wettbewerbsverzerrende Handels- und Subventionspraktiken zu schaffen.