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Angesichts der angespannten Lage in Belarus, wo es nach den Präsidentschaftswahlen am vergangenen Sonntag zu Gewalt gegen friedliche Protestierende gekommen war, und der Entwicklungen im Libanon infolge der Explosion im Hafen von Beirut hat Borrell das heutige Treffen angesetzt. Neben den genannten Themen berieten die Außenministerinnen und Außenminister auch über die Beziehungen zwischen der EU und der Türkei und die Situation in Venezuela.

Eine Zusammenfassung der außerordentlichen Tagung des Rats für Auswärtige Angelegenheiten ist hier zu finden:

Hintergrund

Belarus

Bei den Präsidentschaftswahlen in Belarus am vergangenen Sonntag wurden Mindeststandards demokratischer Wahlen offenkundig nicht eingehalten. Die zahlreichen Berichte über systematische Unregelmäßigkeiten und Wahlrechtsverletzungen erscheinen glaubhaft, Wahlbeobachter der OSZE hatten keine Gelegenheit, ihrer Arbeit nachzugehen und die Wahlen zu beobachten. Auch belarussische Wahlbeobachter wurden in ihrer Arbeit behindert.

Die Bundesregierung verurteilt den Einsatz von Gewalt gegen friedlich demonstrierende Menschen auf den Straßen von Minsk und andernorts im Land, die zahlreichen Festnahmen von in- und ausländischen Journalisten und die Beschränkungen des Internetzugangs. Vor der Sondertagung sagte Außenminister Heiko Maas:

Wir wollen als EU den Druck auf Belarus heute deutlich erhöhen. Das Wahlergebnis muss überprüft und Personen, die nachweislich an Gewalt gegen friedliche Demonstranten beteiligt waren, müssen sanktioniert werden.

Beim Außenrat heute setzte sich der Außenminister für eine deutliche und einheitliche EU-Antwort auf die Situation in Belarus ein. Der Hohe Vertreter der EU hatte am 11. August im Namen der EU eine Erklärung zu den Präsidentschaftswahlen veröffentlicht, in der er betonte, dass die Wahl weder fair noch frei gewesen sei.

Östliches Mittelmeer

Die Beziehungen zwischen der EU und der Türkei standen ebenfalls auf der Tagesordnung. Hintergrund hierfür sind fortgesetzte Aktivitäten der Türkei in der Ausschließlichen Wirtschaftszone Zyperns (AWZ), die den Interessen der EU, den Souveränitätsrechten der Mitgliedstaaten und dem Völkerrecht zuwiderlaufen. Dort hatte die Türkei zuletzt ihre Bohrungen auf der Suche nach Erdgas fortgesetzt.

Bei ihrem letzten Treffen am 13. Juli hatten die Außenministerinnen und Außenminister der Europäischen Union ihre volle Unterstützung für den Hohen Vertreter Borrell bekräftigt. Dieser hatte die hohe Bedeutung guter Beziehungen zwischen der EU und der Türkei betont, aber auch darauf hingewiesen, dass die Werte, Grundsätze und Interessen der EU beachtet werden müssten. Zudem fordert die EU eine aktive Rolle der Türkei bei der Durchsetzung des Waffenembargos in Libyen und die Einhaltung der im Berlin-Prozess eingegangenen Verpflichtungen.

Die Bundesregierung verfolgt die Lage mit großer Sorge. Was nun dringend gebraucht wird, sind glaubwürdige Schritte zur Deeskalation. Heiko Maas tauschte sich deshalb heute im EU Kreis darüber aus, wie man den Dialog zwischen den betroffenen Parteien befördern kann. Dazu sagte er vor dem heutigen Treffen:

Wir werden auch über die Spannungen im Östlichen Mittelmeer zwischen Griechenland, Zypern und der Türkei sprechen. Die Provokationen müssen aufhören. Wir brauchen hierfür eine politische Lösung. Deshalb setzen wir uns für einen direkten Dialog zwischen den Beteiligten ein.

Libanon

Nach der verheerenden Explosion in Beirut liegen der Hafen der Stadt und umliegende Wohnviertel in Trümmern, 300.000 Menschen wurden obdachlos. Seither protestieren zehntausende Libanesinnen und Libanesen gegen ihre politische Führung. Die Regierung ist zwar geschlossen zurückgetreten, verbleibt jedoch vorläufig geschäftsführend im Amt. Die Protestierenden fordern eine Aufklärung der Geschehnisse rund um die Katastrophe sowie Reformen des Proporzsystems und des Wirtschafts- und des Finanzsektors. Der Libanon steckt in einer schweren Wirtschaftskrise, die Auslöser für die Proteste war.

Transparenz ist auch aus Sicht der Bundesregierung die Grundlage für weitere essentielle internationale Wirtschafts- und Finanzhilfe. Das machte Außenminister Maas bei seinem Besuch in Beirut am Mittwoch deutlich. Auf einer internationalen Geberkonferenz für den Libanon wurden vergangene Woche über 250 Millionen Euro an Hilfen gesammelt. Deutschland hat in einem ersten Schritt 21,8 Millionen Euro Nothilfe zugesagt. Heiko Maas sagte vor Ort:

Das Maß an Verwüstung und Zerstörung ist nahezu unvorstellbar. Libanon braucht schnelle, wirtschaftliche Reformen. Das erwarten die Libanesinnen und Libanesen.

In ihrer Telefonschalte berieten sich Maas und seine Amtskollegen, wie ein politischer Ansatz zur Unterstützung einer Transition in Libanon aussehen kann.

Venezuela

Die EU-Außenminister befassten sich auch mit den aktuellen Entwicklungen in Venezuela, ein Land, das sich in einer tiefen politischen, wirtschaftlichen und humanitären Krise befindet. Mehr als 9,3 Millionen Venezolanerinnen und Venezolaner leiden unter unzureichender Ernährung und katastrophaler medizinischer Versorgung. Auch der Bedarf an Strom, Wasser oder der Zugang zum Gesundheitssystem kann in weiten Teilen Venezuelas nicht mehr erfüllt werden. Die Europäische Union ist bereit, insbesondere durch die internationale Kontaktgruppe zu einem Prozess beizutragen, der durch freie und faire Präsidentschaftswahlen zur Wiederherstellung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit führt.